Ich habe hier einen Artikel auf ernaehrungsberatung.rlp.de zu dem Thema „Unter Schutzatmosphäre verpackt“ gefunden, den ich euch nicht vorenthalten möchte. Ich selbst kaufe kein, ich nenne es „Plastikfleisch“ oder „Stickstofffleisch“, beim Discounter. Ich bin da ein wenig altmodisch, und stelle mich beim Metzger an. Da gebe ich auch gerne einen Euro mehr aus, und kaufe dafür etwas weniger Fleisch. Manchmal ist weniger mehr 😉
Unter Schutzatmosphäre verpackt
Hackfleisch ist ein hochempfindliches Lebensmittel. Es sollte beim Metzger beim Einkauf frisch hergestellt und am gleichen Tag verarbeitet werden, so war bisher die Empfehlung. Immer öfter findet man jedoch verpacktes Hackfleisch in der Kühltheke mit einem Verbrauchshinweis, der eine mehrtätige Zeitspanne aufweist. Wie passt das zusammen? Liest man das Kleingedruckte auf der Hackfleischpackung, so steht hier u. a. Unter Schutzatmosphäre verpackt. Und wer mit offenen Augen durch den Supermarkt geht, dem fällt auf, dass – egal ob Käsescheiben, Fleisch- und Wurstwaren, geschnittene Salate oder Sandwichs – auf vielen industriell abgepackten Waren ebenfalls der Hinweis Unter Schutzatmosphäre verpackt zu finden ist. Was heißt das?
Hackfleisch, um auf dieses Beispiel zurück zu kommen, ist aufgrund seiner vergrößerten Oberfläche sehr empfindlich gegenüber aeroben Mikroorganismen, gegenüber Farbveränderungen oder dem Ranzigwerden des Fettes. In allen Fällen ist Sauerstoff verantwortlich. Daher versucht man, die Haltbarkeit, das Aussehen und den Geschmack zu erhalten, in dem man der Packung Luft entzieht und anschließend ein „Schutzgasgemisch“ hinein bläst. Dieses Schutzgas wird an die Anforderungen des jeweiligen Lebensmittels angepasst und setzt sich entsprechend aus unterschiedlichen Anteilen Kohlendioxid (CO2), Sauerstoff (O2) und Stickstoff (N2) zusammen.
Angewandt wird dieses Verfahren bei sauerstoffempfindlichen Lebensmitteln wie Fleisch und Fleischerzeugnissen, Fisch, Käse, frischen Teigwaren, Brot und Backwaren, Gemüse und Salat, aber auch Kartoffelchips. Entscheidend für die Wirksamkeit des Schutzgases ist jedoch immer eine einwandfreie Ausgangsware sowie eine hygienisch einwandfreie Verarbeitung und ein sorgfältiger Umgang des Verbrauchers mit dem Lebensmittel. Dies gilt insbesondere für die Lagertemperatur und die Dauer der Lagerung. Vorsicht ist hier beispielsweise bei Hackfleisch geboten, das unter Schutzatmosphäre verpackt angeboten wird. Es soll bei maximal + 2 Grad Celsius im Kühlschrank gelagert werden – eine Temperatur, die in den Kühlschränken der Privathaushalte i. d. R. nicht realisiert werden kann.
Grundsätzlich ist ein unter Schutzatmosphäre verpacktes Lebensmittel gesundheitlich unbedenklich. Die angewendeten Gase (CO2, O2, N2) kommen ganz natürlich in der Atmosphäre vor. Trotzdem sollten unter Schutzatmosphäre verpackte Lebensmittel nicht zu lange gelagert und deutlich vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums verbraucht werden. Bestimmte Bakterien, wie Listerien, können sich auch unter diesen ungünstigen Bedingungen noch vermehren und im schlimmsten Fall eine Lebensmittelinfektion verursachen.
Fachleute bezeichnen das Verpacken unter Schutzatmosphäre auch als Verpackung unter modifizierter Atmosphäre, abgekürzt MAP (= modified atmosphere package). Das Verfahren muss deklariert werden. Nach § 9 Abs. 7, Satz 1 und 2 der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung müssen Lebensmittel mit dem Hinweis Unter Schutzatmosphäre verpackt gekennzeichnet werden. Welches Gas oder Gasgemisch eingesetzt wurde, muss nicht angegeben sein.
Aktuell sind unter Schutzatmosphäre verpacktes Frischfleisch und Fleischerzeugnissen in der Diskussion. Fleisch und Fleischerzeugnisse werden vielfach unter Atmosphären mit Sauerstoffanteilen von 60 % und höher gelagert, so genannte „high O2-MAP“. Sauerstoff in diesen hohen Konzentrationen hemmt das Wachstum aerober Verderbnisbakterien (Pseudomonas), wenn der CO2-Anteil mindestens 20 % beträgt. In Untersuchungen wurde jedoch nachgewiesen, dass unter diesen Bedingungen und bei Kühlschranktemperatur (4 °C) der Lebensmittel-Infektionserreger Yersinia enterocolitica noch wachsen kann. Hier liegt insofern ein Problem, als dass Fleisch, das unter High O2-MAP gelagert wurde, frühzeitig bräunt und deshalb ggfs. nicht ausreichend durchgegart wird (Bräunung als Indikator für ausreichendes Garen), um die genannten Bakterien abzutöten.
Hohe Sauerstoffanteile unter der Verpackung stabilisieren die rote Fleischfarbe und das frische Aussehen des Fleisches. Verbraucherschützer sehen dies kritisch. Sie bemängeln, dass die Fleischqualität leide und dem Verbraucher fälschlicherweise Frische vorgegaukelt werde. Dies wurde von Wissenschaftlern des Max Rubner Instituts bestätigt. Sie haben bei Versuchen festgestellt, dass das Fleisch durch die sehr hohen Sauerstoffkonzentrationen einen Altgeschmack entwickelt, dass es zäh wird und ranzig schmeckt.
Eine Hemmung des Wachstums von Mikroorganismen könnte man anstatt durch hochkonzentriertem Sauerstoff auch auch eine CO2– / N2 – Atmosphäre oder eine Vakuumverpackung erreichen, diese Verfahren sind allerdings teurer.
Ähnliche Probleme bringt eine Sauerstoffhochdruckbehandlung (nicht zu verwechseln mit Lagerung unter Schutzatmosphäre) mit sich. Bei diesem Verfahren wird reiner Sauerstoff unter hohem Druck in den Fleischmuskel eingebracht. Das ganze Fleischstück ist dadurch während der Lagerung mit Sauerstoff versorgt und behält seine gewünschte Farbe. Eine solche Behandlung bei Fleisch muss mit dem Hinweis Mit Sauerstoff unter Hochdruck farbstabilisiert gekennzeichnet werden.
Fazit
Verpackung unter Schutzatmosphäre ist eine moderne Technologie, die Haltbarkeit von Lebensmitteln zu verlängern ohne dass zusätzlich Erhitzung bzw. Tiefkühlung oder der Zusatz von Konservierungsmitteln notwendig ist. Voraussetzung ist jedoch auf allen Stufen der Verarbeitungskette ein hohes Maß an Sorgfalt und Lebensmittelhygiene. Kritisch wird eine Lagerung von Fleisch und Fleischerzeugnissen unter hochkonzentrierter Sauerstoffatmosphäre gesehen.
Unter Berücksichtigung von Aspekten einer nachhaltigen Ernährung sollte man frischen, wenig verpackten Lebensmitteln aus regionaler Erzeugung den Vorzug geben.
Quellen
- Andrea Hirz u.a.: Die Lebensmittelindustrie gibt Gas, Verpacken unter Schutzatmosphäre gewinnt an Bedeutung, in: LVT Lebensmittelindustrie Sonderdruck Juli 2006, S. 38-40 , GIT Verlag, im Internet unter www.airliquide.de (Zugriff 7/2010)
- Sauerstoffhochdruckbehandlung von Frischfleisch, in: Food & Hygiene 05/2010, S. 12, Behr`s Verlag, Hamburg
- aid Infodienst (Hrsg.): Verpackungen für Lebensmittel, Bestellnummer 1496/2005
- Maike Groeneveld: Vakuumverpackte Lebensmittel und unter Schutzatmosphäre verpackte Lebensmittel, im Internet unter www.was-wir-essen.de, Expertenforum (Zugriff: 20. Juni 2010)
- Hubert Verhaag: Optimale Fleischpräsentation, in: Frischelogistik, Fachmagazin für Frische-, Tiefkühl- und Lebensmittellogistik 02/2004
- Vivotec (Hrsg.): Höherer Fleischabsatz durch Sauerstoff-Technologie, im Internet unter www.vivotec.de
- Foodwatch rügt „Aufhübschen“ von Frischfleisch mit Videoclip Keine Gefahr durch Sauerstofffleisch, im Internet unter www.heute.de (Zugriff 8/2010)
- P. Nitsch: Aufrötung von Rindfleisch durch Sauerstoffdruckbehandlung, in: 43. Kulmbaher Woche 6.-7. Mai 2008, Kurzfassungen der Fachvorträge, S. 22 f, Max Rubner Instiutut, Kulmbach, im Internet unter www.fgbaff.de (Zugriff 8/2010)
Stellungnahme des Max Rubner Instituts zu „Frischfleisch unter Schutzatmosphäre verpackt“, im Internet unter http://www.foodwatch.de
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